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Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde Senne

Drei Frauen auf dem Weg - Noomi, Rut und Orpa

Liebe Christinnen und Christen in der Senne,

das ist das Schöne, wenn ich eine Predigt oder eine Andacht schreibe. Ich denke mich nicht nur in den Predigttext ein und überlege, was der biblische Text uns heute sagen will. Nein, ich entdecke auch immer etwas Neues, das mich beim genauen Studium überrascht, nachdenklich und nicht zuletzt zuversichtlich macht.

Und so möchte ich Sie heute mit auf den Weg nehmen. Auf den Weg, den drei Frauen Noomi, Rut und Orpa in unserem heutigen Predigttext, aus dem Buch Ruth, Kapitel 1, miteinander gehen. Und mit hinein in meinen Gedankenweg.

Drei Frauen, so berichtet uns der Predigttext sind auf dem Weg nach Bethlehem. Ich kann sie förmlich vor mir sehen. Die drei gehen fort aus dem Land Moab, dem Heimatland Ruts und Orpas. In Moab haben sie keine Zukunft mehr. Noomi war vor 10 Jahren zusammen mit ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen ins Nachbarland vor dem Hunger in Bethlehem geflohen. Obwohl die alten Schriften sie gewarnt hatten, dass die Moabiter den Israeliten feind waren, hatte Noomi und ihre Familie gute Aufnahme gefunden. Nach einiger Zeit starb Noomis Ehemann und ihre Söhne heirateten moabitische Frauen, Rut und Orpa.

Noomi ist die Schwiegermutter von den beiden, die mit ihr auf dem Weg sind. Alle drei sind Witwen. Was mag sie bewegen? Sicher die Trauer. Die altgewordene Noomi hat beide Söhne verloren, die jungen Frauen ihre Ehemänner. Und so gehen sie ihren Weg in eine ungewisse Zukunft. Sie haben niemanden mehr, der für sie sorgt.

Halten wir, liebe Christinnen und Christen auf diesem Weg einmal an. Beschleicht uns nicht auch manchmal das Gefühl, auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft zu gehen? Der lock-down ist noch einmal verlängert, mit noch härteren Maßnahmen als zuvor. Eine für uns alle herausfordernde Zeit,

begleitet von der bangen Frage, ob diese Maßnahmen den nun schon so lange ersehnten Weg in eine halbwegs normale Zukunft eröffnen, in eine neue Normalität? Doch das weiß niemand.

Die drei Frauen gehen gemeinsam ihren Weg. Die beiden jungen Frauen wollen ihre alt gewordene Schwiegermutter nicht allein lassen. Sie sorgen sich. Auch Noomi sorgt sich. In Bethlehem, ihrer alten Heimat werden sich Verwandte um sie kümmern. Doch was wird aus ihren Schwiegertöchtern? Liebevoll schauen alle auf die jeweils andere.

Noomi handelt und spricht fürsorglich, weitsichtig, liebevoll und voller Zuneigung zu ihren beiden Schwiegertöchtern. So heißt es im 8 und 9 Vers wörtlich: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter. Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. Der Herr gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küßte sie.

Noomi wählt den Abstand. Sie hat den Schutz und das Wohl der beiden Frauen im Blick. Sie weiß, ahnt oder sieht voraus, dass die Schwiegertöchter nur in ihrer Heimat eine Zukunft haben. Wie ein Segen klingen ihre Worte. Noomi bittet im Namen des Herrn um Barmherzigkeit und um einen segenreichen neuen Anfang im Heimatland.

Noomi nimmt Abstand. Fürsorglich denkt sie, hat das Wohl und den Schutz der beiden im Blick.

Halten wir noch einmal an auf unserem gemeinsamen Weg. Abstand halten, Kontakte beschränken, das kennen wir auch. Doch auf dem Hintergrund des biblischen Textes frage ich: Handeln wir, wenn wir Abstand nehmen, Kontakte beschränken nicht ebenso fürsorglich und schützend wie Noomi? Die Mitmenschen in den Geschäften oder beim Arztbesuch, Gemeindeglieder, die Familienmitglieder sind in der Zeit der Pandemie doch ebenso schutzbedürftig wie wir selbst. So achten wir auf den anderen.  Sind auf ihr Wohlergehen und ihre Gesundheit bedacht. Wir schützen sie, wenn wir aufeinander achten.

Das ist das Neue, das ich im Predigttext wieder entdeckt habe. Auf einander achten. Ich merke, dass ich sensibler geworden bin, wenn ich den anderen in den Blick nehme. Ich merke, dass ich den anderen anders wahrnehme als noch in der Zeit, in der es noch um „schneller, höher, weiter“ ging. Aufeinander achten, den anderen liebevoll, fürsorglich in den Blick nehmen, das kann auch Wegzehrung auf unserem gemeinsamen Weg in dieser Zeit sein. Das stimmt mich hoffnungsvoll. Aufeinander Acht geben, wie Gott auf uns achtgibt. 

Doch die beiden Frauen, die mit Noomi auf dem Weg sind, weigern sich, weinen, möchten bei Noomi bleiben. Noomi aber macht ihnen deutlich, dass sie mit ihr, keine Zukunft, kein Leben haben. Orpa kehrt zurück, aber Ruth bleibt beharrlich. Sie hat sich entschieden. Sie bleibt.

Wie ernst es ihr ist, macht Rut mit einer großen Selbstverpflichtung deutlich: Sie sagt zu ihrer Schwiegermutter:

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; 
wo du bleibst, da bleibe ich auch. 
Dein Volk ist mein Volk, 
und dein Gott ist mein Gott. 
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, 
da will ich auch begraben werden. 
Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden
.“

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Rut lässt alles hinter sich. Ihre Heimat, ihre Familie, ihren Glauben. Sie bekennt sich zu dem Gott Israels: dein Gott ist mein Gott. Ein mutiger Schritt. Ein Schritt, der unter Gottes Geleit und Segen zu einer hoffnungsvollen Zukunft führt.

Denn Ruth, die Moabiterin, wird später einen Verwandten Noomis heiraten und ein Sohn wird beiden geschenkt: Obed. Und Noomi wurde Großmutter. Sie, die so viel Trauer erlebt hatte, fand noch einmal zu einem reichen, erfüllten Leben. Durch Rut. Doch nicht nur dies: Rut wurde später in den Stammbaum Jesu aufgenommen. Rut blieb in Bethlehem, in der Stadt, in der später Jesus, Gottes Sohn, zur Welt kam.

In Jesus kam Gott selbst zur Welt. Und Jesus achtete besonders auf die, die am Rande standen.  Er sah die Not der Kranken und heilte sie.  Er hörte das Weinen der Trauernden und tröstete sie. Er kehrte in die Häuser derjenigen ein, mit denen niemand etwas zu tun haben wollte. Er verkündigte die Liebe Gottes, die jedem Menschen bis heute gilt und lud sie ein, aus dieser Liebe heraus ihr Leben zu gestalten.

Nehmen wir doch auch heute die Einladung Jesu an, genauso für einander da zu sein. Auf einander zu achten, in Weitsicht, Fürsorge und Liebe. Dann zeigt sich auch in schweren Zeiten ein Weg, wie es weitergeht. Für die Zeit dazwischen wünsche ich uns allen, dass Gott, uns allen ganz viel Kraft, Durchhaltewillen, Mut und Phantasie geben möge füreinander da zu sein.

Bleiben Sie, Ihre Lieben und alle, die uns brauchen und die wir brauchen, gesund und behütet!

Ihre Sigrid Fillies-Reuter

 

Laßt uns beten:

Gott voll ungeahnter Möglichkeiten,
zu dir kommen wir,
weil wir deine Kraft brauchen.

Schenke uns Mut, der unsere Ängste überwindet,
Phantasie, die unseren Träumen Flügel leiht;
Lass uns spüren, was uns lebendig macht.

Auf dich hoffen wir in Zeit und Ewigkeit Amen.

Sie können sich hier den Andachtstext anhören, gesprochen von Pfr.in Fillies-Reuter

Die Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14