Foto des Christus-Gemeindehauses
Foto der Friedenskirche
Foto der Lutherkirche
Logo der Gemeinde

Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde Senne

Karfreitagsgedenken

Liebe Christinnen und Christen in der Senne.

Der Predigttext für den heutigen Karfreitag steht im Alten Testament, im Buch des Propheten Jesaja. Lesen und hören wir die Verse aus Jesaja, Kapitel 52, 13-15; und 53,1-12: Jesaja schreibt:

Siehe, meinem Knecht wird's gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein. Wie sich viele über ihn entsetzten – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch und seine Gestalt nicht wie die der Menschenkinder –, so wird er viele Völker in Staunen versetzen, dass auch Könige ihren Mund vor ihm zuhalten. Denn was ihnen nie erzählt wurde, das werden sie nun sehen, und was sie nie gehört haben, nun erfahren.
Aber wer glaubt dem, was uns verkündet wurde, und wem ist der Arm des HERRN offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.
Er ist aus Angst und Gericht hinweg genommen. Wer aber kann sein Geschick ermessen? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist. So wollte ihn der HERR zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des HERRN Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben.
Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleich gerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Gott segne unser Hören und Lesen, damit es Frucht trage. Amen.
 

Liebe Gemeinde,

sie hatte die Decke bis an den Hals gezogen. Die ältere Dame, die ich im Krankenhaus besuchte. „Wie geht es Ihnen“, fragte ich sie. „Sehen sie nicht genau hin“, flüsterte sie. Ihr Gesicht war eingefallen, fast verunstaltet. Ich konnte sie kaum erkennen. Die Operationen und der Schmerz hatten sie gezeichnet. Dennoch setze ich mich und blieb bei ihr.

An diese von Leid und unerträglichen Schmerzen gezeichnete Frau erinnerte ich mich, als ich den Predigttext für den heutigen Karfreitag das erste Mal las.

Was für ein Mensch wird in diesem Prophetenwort beschrieben! Es ist ein Menschen, der nach dem ersten Anschein überwiegend Misserfolg in seinem Leben gehabt hat. Seiner äußeren Gestalt nach zu urteilen, war er offenbar nicht gerade eine Schönheit. Gemäß der Beschreibung dieses Prophetenwortes war er klein und mager, so wie eine Pflanze, die zu wenig Erde hat, um wachsen zu können. Er machte offenbar auch sonst keine gute Figur. Er hatte weder die Voraussetzungen dafür, ein Superstar zu werden, noch die Chance ein berühmter Staatsmann zu sein. Er war kein bekannter Künstler und er war kein berühmter Schriftsteller. Er war ein Niemand. Doch nicht nur das. Er litt unter Schmerzen und Krankheiten und schließlich starb er einen leidvollen Tod. Ein bemitleidenswerter Mensch. Niemand hätte gern sein Leben mit ihm getauscht, niemand von uns und niemand von denen, die dieses Prophetenwort zum ersten Mal hörten. Ja, damals mochte man diesen Menschen nicht einmal ansehen: „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet“, schreibt Jesaja.

Ein bemitleidenswerter Mensch wird hier beschrieben. Sein ganzes Leid wird uns vor Augen gestellt. Leid, das auch heute über die Menschen kommt. Krankheiten, die Hoffnungen zunichte machen, Schmerzen an Leib und Seele, die unerträglich sind, qualvolle Tode. Ich denke in diesen Tagen besonders an die, die in aller Menschen Länder gefoltert und getötet werden. Ich denke an alle Männer, Frauen und Kinder, die in den Flüchtlingslagern unter Kälte, Hunger, Durst und Krankheiten entsetzlich leiden. Ich denke an das Leid, das in unserer Gesellschaft oft versteckt hinter Heim oder Krankenhausmauern erlebt wird. Versteckt, weil wir es oft gar nicht sehen wollen.

„Sehen Sie nicht genau hin“, sagte die ältere Dame. Ja, wer wer lässt sich schon gern anschauen, wenn er Schmerzen hat? Wer redet gern darüber? Es ist unangenehm. Krankheiten und Schmerzen machen einsam und es kostet Überwindung, einen schwerstkranken Menschen zu besuchen.
Leichter ist es, die Erfolgreichen, die Schönen und Reichen zu sehen, uns abzulenken von dem ganzen Elend der Welt. Und dazu haben wir auch an einem so stillen Tag wie heute viele Möglichkeiten. Vorgestern las ich in einem Backwarengeschäft: Auch am Karfreitag sind wir für Sie da- wir haben von 8.00-11.00 Uhr geöffnet. Und ein Blick auf das Fernsehprogramm heute zeigt: wenn schon nicht das Wetter zu einem Spaziergang einlädt, dann gibt es doch viele Möglichkeiten, Geist und Sinn auf Unterhaltsameres zu lenken als auf das Leid eines Einzelnen.

Doch Unansehnlichkeit, Schwachheit und Krankheit sind nur die eine Seite des Menschen, den der Prophet hier beschreibt. Der Mensch, der hier beschrieben wird, war offensichtlich jemand, der in besonderer Weise mit Gott verbunden war. „Knecht Gottes“, ein „Gerechter“ wird er genannt.
Denn er sprach mit anderen Menschen über Gott, mit großer Leidenschaft und mit großem Einsatz. Allerdings schenkte kaum jemand seinen Worten Vertrauen. „Wer glaubt dem, was uns verkündet wurde“. Dennoch gab dieser Knecht nicht auf. Immer wieder wandte er sich an die Menschen des Gottesvolkes, ja, er mühte sich geradezu ab – mit seiner ganzen Person. Den Erfolg dieser Anstrengungen hat er zu seinen Lebzeiten nicht mehr gesehen. Und ein beeindruckendes Grabmal hat man ihm auch nicht errichtet. „Man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war.“

Liebe Schwestern und Brüder,
wir wissen nicht genau, wer dieser Mensch war, den unser Prophetenwort beschreibt. Es war ein Mensch, der etwa 500 Jahre vor dem Kommen Jesu gelebt hat. Aber er war ein Mensch, der von Gott viel zu erzählen hatte, dem nur wenige geglaubt haben und der eines unrühmlichen Todes starb. Unwillkürlich drängt sich uns am Karfreitag der Vergleich mit Jesus auf. Schon die ersten Christen und Christinnen haben viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Knecht Gottes im Jesajabuch und Jesus entdeckt.

Beide erfuhren viel Ablehnung zu ihren Lebzeiten; beide starben einen schmerzhaften und bitteren Tod; beide erlitten ein Ende, das sonst nur Gottlosen und Übeltätern erfuhren.

Tiefer aber reichen die Gemeinsamkeiten, wenn wir die Sendung und die Aufgabe dieser beiden Menschen ansehen. Beide, der Gottesknecht und auch Jesus, waren in besonderer Weise mit Gott verbunden. Beide waren Boten Gottes und hatten viel von Gott zu erzählen.
Doch da sind noch mehr Gemeinsamkeiten. Sowohl dieser Knecht als auch Jesus haben sich offenbar vor allem um Menschen gekümmert, deren Verhältnis zu Gott nicht in Ordnung war. „Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg“, bekennt der Prophet für die Zeit über seine Zeitgenossen, die den Knecht nicht hören wollten. Und über Jesus heißt es in den Evangelien, dass er sich um Menschen kümmerte, die orientierungslos waren wie eine Herde, die keinen Hirten hat. Er redete mit Menschen, die Gott nicht kannten. Er kehrte bei Männern und Frauen ein, die es mit den Geboten Gottes nicht so genau nahmen. Er setzte sich mit Sündern und Sünderinnen an einen Tisch und aß mit ihnen.  

Jesus ist zu den Menschen gegangen, deren Leben aus den Fugen geraten war, mit denen niemand etwas zu tun haben wollte. Jesus hat ihnen gesagt und gezeigt: Gott ist auch dir nah. Und nicht wenige kehrten um.

Und indem Jesus diesen Menschen nahe war, hat er ihre Lasten auf sich genommen. Er hat ihre Lasten auf sich genommen, indem er ihnen das Herz erleichterte. Er hat ihre Sorgen geteilt, indem er ihnen zuhörte. Er hat ihnen Schmerzen abgenommen, indem er sie heilte und zu einem neuen Leben führte.

Jesus lehrte, dass kein Mensch Gott gleichgültig ist. Und Jesus lehrte, dass Gott alles daran setzt, seine Menschen zu retten.

Aber es gab welche, denen war diese Lehre so unbequem, dass sie alles daransetzten, diesen Mann aus Nazareth zu beseitigen. Und so hängt er schließlich als Hingerichteter am Kreuz auf Golgatha, ein geschundener Mensch: gequält und gefoltert wie viele vor ihm und viele nach ihm. Und es erging ihm wie dem unbekannten Gottesknecht, über den der Prophet sagt: "Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg."

Doch die Rechnung derer, die Jesus los sein wollten, ging nicht auf. Gottes Liebe zu seinen Menschen lässt sich nicht zum Schweigen bringen!
Jesus starb den Kreuzestod, damit zwischen Gott und seinen Menschen alles in Ordnung ist. Er wurde gekreuzigt und auferweckt, damit wir Frieden haben mit Gott. Und damit verwirklichte er endgültig, was bereits über den Gottesknecht gesagt war: „Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Und so wurde in seinem Tod das vollendet, was Jesus schon zu seinen Lebzeiten gelebt hat: seine Liebe zu den Menschen Gottes. Sein Tod war kein Scheitern, sondern die Vollendung seiner Mission und seiner Aufgabe.

Liebe Gemeinde,
Jesus ist nicht im Tod geblieben, sondern Gott hat ihm das Licht des Ostermorgens und die Fülle des ewigen Lebens geschenkt. Er hat Menschen gewonnen, ihm nachzufolgen und so wie er von Gott zu reden. Er hat uns zu Menschen gemacht, die dem Leid nicht ausweichen müssen, die es gemeinsam tragen und vor Gott bringen können.

Wie das aussehen kann, das habe ich damals im Krankenhaus erlebt. Nach einiger Zeit fragte die Erkrankte unvermittelt und zeigte auf das Kruzifix an der Wand: „Was hat er eigentlich verbrochen, dass er so leiden musste“? „Nichts“, sagte ich spontan. Er ging seinen Weg, wurde gekreuzigt, litt als Menschen unter dem gewaltsamen Tod. Doch Gott hat ihn auferweckt. Uns zur Hoffnung, uns zum Trost. Wir glauben und bekennen seit Ostern: der Tod hat seine Macht verloren. Wir hoffen auf ein Leben, in dem es nichts mehr davon gibt, worunter wir auf Erden leiden: Krankheiten, Schmerzen, Verfolgung oder Not. Von Gottes Liebe kann uns nichts mehr trennen. Gott ist bei uns, wenn wir lachen oder weinen.
In dieser Hoffnung, sprach ich noch ein Gebet und gemeinsam beteten wir das Vaterunser. Als ich nach dem Segen ging, hatten sich ihre Gesichtszüge, ihr Körper entspannt.

Dies war ein Moment, liebe Gemeinde, in der Nachfolge Jesu, dessen Leiden und Tod wir heute gedenken. Als Christen und Christinnen müssen wir dem Leid nicht ausweichen, uns ablenken. Im Gegenteil: wir können es sehen, es gemeinsam tragen und gerade darin Gottes Trost und Nähe spüren. Und wir können andere Menschen da mithineinnehmen.
Nicht nur an einem stillen Tag wie heute, sondern auch in unserem ganz normalen Alltag. Denn Gott handelt auf Erden durch unsere Herzen und Hände. Dazu schenke uns Gott auch in Zukunft das Wollen und Vollbringen. Amen.

Lasst uns beten

Lasst uns beten für diese Welt,
in der so oft Menschen
gequält, gefoltert, getötet werden,
dass das Leiden der Menschen beendet wird
und Gottes Reich hereinbreche.
Zu dir rufen wir:
Herr, erbarme Dich …

Lasst uns beten für diese Welt,
in der sich Menschen zu Folterknechten und
-mägden machen lassen,
dass sie sehen,
was sie aufbauen könnten,
statt Leben zu zerstören.
Zu dir rufen wir:
Herr, erbarme Dich …

Lasst uns beten für diese Welt,
in der Kinder oft die Verlierer sind,
dass sich Menschen finden,
die sie beschützen und behüten.
Zu dir rufen wir:
Herr, erbarme Dich …

Lasst uns beten für diese Welt,
in der Menschen mitten unter uns
von Schmerzen und Leid geplagt sind.
In der Menschen einsam, verzweifelt
und mutlos sind.
Bewege uns, nicht über sie hinweg
zu sehen, sondern sie in deinem Namen
zu begleiten und zu trösten.
Zu Dir rufen wir:
Herr, erbarme….

Lasst uns beten für diese Welt,
in der Menschen trauern,
dass die Hoffnung stärker bleibt.
Zu dir rufen wir:
Herr, erbarme Dich …

Amen.

 

Ihre Sigrid Fillies-Reuter

Sie können sich hier den Andachtstext anhören, gesprochen von Pfr.in Fillies-Reuter

Die Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14