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Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde Senne

Gedanken zur Jahreslosung

Liebe Gemeinde,

ein verrücktes Jahr liegt hinter uns, seitdem die Corona-Pandemie über uns hereinbrach.
Und wie wird das neue werden? Noch mehr als zu jedem Jahresbeginn liegt die persönliche und gesellschaftliche Zukunft im Ungewissen.
Manche werden auch mit bangen Blicken auf 2021 schauen.

Die Jahreslosung aus dem Lukasevangelium möchte uns einen Weg durch dieses neue Jahr zeigen:

„Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist.“

Jesus spricht dieses Wort zu Menschen, die bei ihm Hilfe suchen.
Sie möchten ihn hören und von ihren Krankheiten geheilt werden. Beides geschieht.
„Denn es ging Kraft von ihm aus und er heilte sie alle.“ (Lk 6,19)
Und sie hören auch, wie Jesus ihnen Gottes Nähe zusagt: „Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer. Selig seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“

Jesus nimmt sich die Nöte der Menschen zu Herzen. Ihr Leid ist ihm nicht egal.
Er hat ein Herz für sie – und tut, was er kann mit Worten und Taten, um ihre Not zu lindern.
Das ist Barmherzigkeit.
Und in Jesu Barmherzigkeit zeigt sich Gottes Barmherzigkeit.
Wir Menschen liegen Gott am Herzen – immer noch.
Wir liegen Gott so sehr am Herzen, dass er in Jesus Christus in die Welt gekommen ist, um uns ein für alle Mal zu zeigen, wie seine Liebe zu uns aussieht: Heilend, voller Kraft und Mitleid.

Barmherzigkeit ist so etwas wie der Rufname Gottes.
Heiliger, Ewige, Gerechter – so heißt Gott auch. Aber wenn wir Gott mit Barmherzige ansprechen, meine ich, weiß Gott: Ich bin gemeint.
Und Gott weiß auch, wie wir uns selbst sehen: Als Menschen, die weder alles schaffen noch sich alles selbst beschaffen können, die keineswegs fehlerlos sind, sondern die ihre Bedürftigkeit erkannt haben, sich ihre Fehler eingestehen.
Die vor Gott stehen und ihn bitten: Wende dich mir zu. Schenk mir, was ich brauche. Ich weiß, ich habe keinen Anspruch darauf. Aber ich vertraue, dass ich dir am Herzen liege und du mich nicht allein lässt.

Nicht von ungefähr ist das hebräische Wort für Barmherzigkeit eng verwandt mit dem Wort für Mutterschoß.
Barmherzigkeit ist Ausgangspunkt für neues Leben.
Barmherzigkeit kann bewirken, dass menschliches Leben entstehen, wachsen, sich entfalten und reifen kann.
Wenn Gott so mit uns umgeht, wie könnten wir nicht auch mit unseren Mitmenschen barmherzig sein?

„Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist.“

Es gibt so manches, was unser Herz hart machen kann. Enttäuschungen, eigenes Leid, erfahrene Ungerechtigkeit.
Damit das nicht geschieht, ist es besser, diese Erfahrungen nicht im eigenen Herzen zu vergraben, sondern vor Gott zu bringen, damit sie nicht zu schwer für unser Herz werden und wir uns ein mitfühlendes Herz erhalten.

Ein Herz, das die Nöte der anderen wahrnimmt.
Ein Herz, das uns dazu bringt, das Hilfreiche zu tun und zu sagen, was wir können.
Auch wenn es Mühe macht.
Auch wenn wir den, der Hilfe braucht, nicht wirklich kennen, oder die, die in Not ist, nicht leiden können.
Ein Herz, das im anderen sich selbst erkennen kann.
Wie sähe es aus, wenn andere nicht mit uns barmherzig wären!

Gelebte Barmherzigkeit verändert eine Gesellschaft zum Guten.
„Wir werden einander in ein paar Monaten wahrscheinlich viel verzeihen müssen.“, sagte Gesundheitsminister Spahn am Anfang der Corona Pandemie.
Wie wahr. Denn in „Pandemie“ hatte niemand Übung und Fehler bleiben nicht aus.
In dieser Zeit barmherzig mit einander umgehen, bedeutet, meine ich, nicht, Fehler nicht zu benennen, aber doch die Menschen, die sie gemacht haben, nicht abzuurteilen.
Bedeutet auch, die eigene Fehlbarkeit zu sehen.
Max Frisch soll mal gesagt haben: „Seine Prinzipien soll man sich für die wenigen Gelegenheiten aufheben, in denen es darauf ankommt. Für das meiste reicht ein wenig Barmherzigkeit.“

Barmherzigkeit ist kein Ersatz für Gerechtigkeit.
Die Menschen, die in den Pflegeberufen arbeiten, brauchen keine Barmherzigkeit sondern Gerechtigkeit: ihrem Einsatz angemessene Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen.

Gerechtigkeit und Recht aber brauchen Barmherzigkeit.
Denn Recht hat Lücken. Recht zu bekommen kann lange dauern.
Recht braucht Verfahrenswege und Ordnung.

Aber es gibt Situationen, da muss schnell geholfen werden. Es gibt auch Situationen, da kommt das Recht nicht hinterher, weil man sich nicht einigen kann.

Das Paradebeispiel ist für mich die Flüchtlingspolitik der EU. Weil die Staaten sich nicht einigen können, leben Menschen in den Flüchtlingslagern an Europas Grenzen in Zuständen, die man mit einem Elendsstaat in Verbindung bringt, aber nicht mit Europa.
Menschen im Elend zu lassen, obwohl es Städte und Gemeinden in Deutschland gibt, die bereit sind Flüchtlinge aufzunehmen, ist unbarmherzig.

Barmherzigkeit wird die grundsätzlichen Probleme nicht lösen. Die Politik ist weiter gefragt.
Aber Barmherzigkeit ist für die Menschen, die sie erfahren, unschätzbare Hilfe, ein Zeichen, das sie als Menschen gesehen werden und wertvoll sind.

„Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist.“

Jesus erinnert uns daran, dass wir alle immer wieder Barmherzigkeit und Gnade erfahren haben.
Aus dieser Kraft leben wir. Weil Gott die Liebe ist.
Deshalb können wir auch von dieser Kraft weitergeben.
Bei all den Herausforderungen, vor die wir im Jahr 2021 gestellt sind, brauchen wir Kräfte, die heilen.
Natürlich hoffen wir sehr auf einen medizinisch wirksamen Impfstoff, unbedingt.
Aber ich setze auch darauf, dass Barmherzigkeit wirkt: schützt und heilt in Worten und Taten.

Ein gesegnetes Jahr 2021 wünscht Ihnen im Namen der Emmaus Gemeinde
Ihre Pastorin Dorothee Seredszus

Sie können sich hier den Andachtstext anhören, gesprochen von Pfr.in Seredszus.

Die Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14