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Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde Senne

Ein Gesicht

Liebe Christinnen und Christen in der Senne,

es ist nicht zu leugnen. Wenn ich morgens in den Spiegel sehe, dann denke ich: mein Gesicht verändert sich von Jahr zu Jahr. Ich werde eben älter. Die Spuren der vielen Jahre sind nicht weg zu schminken. Und ich merke auch, dass es mich nicht sonderlich stört. Manche Menschen, besonders die Frauen kämpfen mehr oder weniger vergeblich dagegen an. Andere suchen gerade das im Gesicht eines Menschen – die Spuren eines gelebten Lebens.

Fotographen interessieren sich besonders für Menschen, aus deren Gesichtern man etwas lesen kann. Es gibt Bücher mit gesammelten Fotographien solcher Gesichter: Babygesichter, hübsche, junge Gesichter, Gesichter älterer Menschen.

Mich berühren besonders die Gesichter älterer Menschen. Wir erfahren viel, wenn wir uns die Zeit nehmen und in den Gesichtern lesen. Etwa, dass eine Frau viel und schwer gearbeitet hat- und zwar an der frischen Luft- und dass sie das zufrieden gemacht hat.
Oder, dass ein Mann viel Leid erlebt hat und er darüber hart geworden ist. Es spiegelt sich in seinem Gesicht. Und bei dem anderen kann ich sehen, dass er viel gelacht und dass er auch im hohen Alter immer noch den Schalk im Nacken hat.

Bei manchen Gesichtern bleibe ich länger hängen, weil sie etwas Besonderes haben. Sie strahlen, in sich hinein oder manchmal auch ganz offen den Betrachter an. Egal ob faltig oder glatt, manches Gesicht wird zum Angesicht, weil es strahlt. Ein Angesicht ist immer auf ein Du, auf ein Gegenüber ausgerichtet, es ist offen, es sieht mich an.

Auf manchen alten Heiligenbildern ist es zu sehen. Der Maler hat es bewusst ins Bild gebracht. Ein Gesicht kann dann zum Angesicht werden, wenn es sich lange genug von Gott anschauen lässt. Manche Menschen strahlen dann die Gegenwart Gottes aus. Sie sind gesegnet. Sie sind eine Wohltat für die Menschen um sie herum und sie geben so den Segen weiter.

Ja, bei manchen Menschen scheint die Sonne aufzugehen, wenn wir ihnen begegnen. Sie schauen uns freundlich an und wir freuen uns richtig, dass wir sie treffen. Ungefähr so können wir uns Gottes leuchtendes Angesicht vorstellen. Er begegnet uns in einer Art und Weise, über die wir uns freuen.

Gott schaut uns an. Am Ende eines Gottesdienstes wird uns allen das zugesagt.

So heißt es im 4. Buch Mose, Kapitel 6, in den Versen 24-26: „Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Es ist das Segenswort, das oft am Ende des Gottesdienstes gesprochen wird. Es erinnert uns an das Gesicht Gottes. Und es ist das freundliche Gesicht Gottes, das uns entgegenleuchtet, seine Güte. Ich bin gemeint. Ich bin kein Massen-Mensch. Der Segen, seine Freundlichkeit, gilt mir. Jedem einzelnen von uns. Das drückt das Segenswort aus.

Es ist ein Segen für uns, wenn wir liebevoll angesprochen und angeschaut werden. Einer meiner theologischen Lehrer wies immer wieder darauf hin, dass dieser Segen eine Erinnerung wachruft, die vielen von uns vertraut ist, auch wenn wir uns daran so nicht mehr erinnern: es meint das leuchtende Gesicht, die freundlichen Augen von Mutter oder Vater über dem Kinderbett. So muss der Segen Gottes sein. Sein freundliches Gesicht über mein Leben, seine Güte über meinen Alltag, sein heilendes Wort in meinen Zweifeln. Gott geht mit, und wo Gott mitgeht, tut dieser gut. Auch wenn wir uns nicht immer daran erinnern, auch wenn das Kindsein und die Wärme des Anfangs verloren gingen. Das freundliche Gesicht Gottes verbirgt sich dahinter: Gott hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

Wir wissen heute: das Wichtigste für unsere Entwicklung in unserem Leben ist der liebevolle Blick der Mutter, des Vaters, die den Blick des Neugeborenen spiegeln. Aus diesem Blick nimmt das Kind die Geborgenheit, die Kraft, die es zum Leben braucht.

„Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ Aaronitischer Segen (4. Mos 6, 24-26)

Segnen, dieses Wort sagt auch: Gutes sagen über jemanden. Wir wissen: wenn Gottes Angesicht auf uns ruht, leuchtet sein Angesicht über uns. Da, wo gut mit uns gesprochen wird, erfahren wir Segen, das heißt: wo wir uns verstanden fühlen. Auch wo jemand Gutes zu uns sagt, ist das segensreich für uns. Wir alle können Segen weitergeben, indem wir in anderen Gutes sehen und indem wir anderen Gutes sagen. Schon, indem wir Gutes denken und für andere beten.

Ich kenne Menschen, die antworten auf die Frage, was ihnen am Gottesdienst das Wichtigste sei: „Der Segen. Die Zusage, dass Gott über mir und neben mir und unter mir ist und bleibt, dass seine Hand mich führen und leiten will an jedem Ort – das schenkt mir Kraft und Sicherheit und Geborgenheit die ganze Woche über.“

„Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Liebe Gemeinde,

ein Gesicht kann sehr viel aussagen. Manche haben etwas Besonderes. Sie strahlen geradezu. Und das hat nichts mit dem Alter zu tun. Gott sei Dank. Möge es gelingen, dass Gottes Blick das letzte Wort behält und sich in unseren Gesichtern widerspiegelt. Sein Leuchten, sein Segen möge uns jederzeit erfüllen und wachsen lassen an Leib und Seele.

Amen.

Gebet

Ewiger, dreieiniger Gott,
du segnest uns, schaust liebevoll auf unser Leben.
Hilf uns, stets auf Dich zu schauen.
Erhebe dein Angesicht auf uns und schenke uns allen Deinen Frieden, heute und in Ewigkeit.

Es grüßt Sie herzlich,
Ihre Sigrid Fillies-Reuter

Die Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14