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Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde Senne

Andacht zum 1. Sonntag nach Epiphanias

Foto einer Holzfigur des Apostels Paulus, Kirchenportal, Wolfenbüttel

Bild von falco auf Pixabay

Liebe Christinnen und Christen in der Senne,

ich mag ihn und seine Texte. Auch wenn sie oft schwer zu verstehen sind. Sie fordern mich heraus. Ja, ich mag ihn und seine Verkündigung. Seine Worte haben mir in schweren Zeiten, in Krankheit und Trauer stets Zuversicht, Hoffnung und Halt gegeben.

Von wem, liebe Gemeinde, rede ich, wen meine ich? Es ist der Apostel Paulus. Er war nach dem Neuen Testament ein erfolgreicher Missionar und einer der ersten christlichen Theologen. Er wurde nicht müde, den christlichen Gemeinden im Mittelmeerraum das Evangelium zu verkünden. Das Evangelium von der Auferweckung Jesu.

Dies war ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Paulus, der frühere Saulus, war ein griechisch gebildeter Jude, ja mehr noch, ein gesetzestreuer Pharisäer, der die ersten Christen gnadenlos verfolgte. Bis er grundlegend sein Leben veränderte, sich zum christlichen Glauben bekehrte- oder bekehrt wurde. Er wurde vom Saulus zu Paulus. Bis heute ein geflügeltes Wort, wenn einer sein Leben grundlegend ändert.

Ja, ich mag ihn und seine Texte. Sie strahlen so viel Hoffnung und Liebe aus, Hoffnung und Liebe, die auch manche zurechtweist, sie wieder auf den rechten Weg bringt, zum Glauben an den von Gott auferweckten Christus. Uns zur Hoffnung.

Das ist der Mittelpunkt meines Glaubens, unseres Glaubens als Christinnen und Christen. Und ich halte den Apostel für glaubwürdig. Als Theologe, als Mensch. Als Missionar hatte er kein leichtes Leben. Oft wurde er gedemütigt, ausgelacht, ja sogar körperlich misshandelt. Gefangen genommen. All dies hat ihn nicht gehindert, die Botschaft weiterzusagen. Die Botschaft von der Liebe Gottes, die uns trägt im Leben und im Sterben und weit darüber hinaus.

So, das war ein kleiner „Liebesbrief“ an meinen Lieblingsapostel. Doch genau der stellt mich heute, da ich die Andacht zum 1. Sonntag nach Epiphanias schreibe, vor große Probleme.

Ich lese die ersten zwei Verse des Predigttextes für den kommenden Sonntag aus dem 12. Kapitel des Römerbriefes: Paulus schreibt: Ich ermahne euch, Schwestern und Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohl gefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Nein, lieber Paulus, denke ich, darüber kann ich keine Andacht schreiben. Nicht in dieser herausfordernden Zeit. Tut mir leid, aber mich und andere auch treiben ganz andere Gedanken um. Gottesdienste in der Kirche feiern wir schon lange nicht mehr. Ab Montag werden wir den härtesten lock- down haben, den wir je erlebten. Kann ich nicht etwas Herzerwärmendes nehmen? Vielleicht die Legende vom vierten König? Oder den Film vom kleinen Lord? Oder ein eingesungenes Epiphanias Lied? Irgendwas, das uns aufmuntert in dieser trübsinnigen Zeit?

Was würde Paulus antworten? Sicher: Weiche doch meinen Worten nicht aus. Das hast Du doch nie getan. Schau doch einmal, was hinter meinen Worten steht. Suche den Trost und die Hoffnung für die Menschen. Sie schimmern doch durch.

Der Apostel Paulus schreibt an die Christengemeinde in Rom. Rom, das war eine Weltstadt mit ihren Problemen und Herausforderungen. Ich beginne zu ahnen, was er meint.

Um es mit meinen Worten zu sagen: Kommt heraus aus dem Schneckenhaus eurer Angst und Sorge. Ihr braucht euch nicht zurückzuziehen. In die Gemütlichkeit eures Zuhauses. Ihr müsst euch nicht ablenken und den Tannenbaum, der schon rieselt, abschmücken und entsorgen. Ihr müsst nicht die Weihnachtspost beantworten oder eure Termine für das neue Jahr in den Kalender eintragen. Das lenkt ab, auch die Stunden auf dem Sofa vor dem Fernseher. Oder die Rodelausflüge in die Schneegebiete. Wenn das alles getan ist, dann kehrt es wieder ein: das Gefühl hilflos zu sein, einsam und ausgeliefert.

Aber das muss es nicht. Jesus wurde geboren. Gottes Liebe zu uns Menschen hat Hand und Fuß bekommen. Gottes Liebe kam zur Welt. Zu jedem Menschen. Gottes Liebe starb nicht, als Jesus starb. Im Gegenteil. Gott hat Jesus auferweckt zu neuem Leben. Von Gottes Liebe kann uns Menschen nichts mehr trennen.

Schöne Worte denke ich. Du, Paulus, hast es immer wieder geschrieben. Aber was machen wir damit? Paulus sagt uns: Ein echter Gottesdienst findet nicht nur in der Kirche für euch statt, sondern in der Welt. Wo ihr euren Glauben mitten im Alltag lebt und euch den Herausforderungen stellt. So wird euer ganzes Leben, oder so wie ich es schreibe „euer Leib“ ein Gottesdienst.

Ich verstehe. Als Christinnen und Christen sind wir in die Welt gestellt. Gott handelt auf Erden durch unsere Herzen und Hände. Gott handelt mit uns, durch uns, mitten im Leben.

Wie kann das aussehen? Auf Nächstenliebe stützt sich die evangelische Jugend in Bayern, wenn sie sich gegen die Abschiebung in der Pandemie ausspricht. Die desolaten Gesundheitssysteme in den Herkunftsländern setzen das Leben der Asylsuchenden aufs Spiel.

Immer mehr Menschen setzen sich für Obdachlose ein. Zuhause bleiben, Abstand halten geht nicht für Menschen, die gar kein Zuhause haben. Auch ist kaum noch jemand unterwegs, der ihnen mal einen Euro geben kann. Heime und Unterkünfte haben auch Abstandsregelungen, manche sind ganz geschlossen. In Berlin öffnen Hotels ihre Türen und nehmen die Obdachlosen auf. Überraschend mitfühlend.

Und ich? Ich werde nicht aufhören, den Herrn, der mir ab und zu im Fahrstuhl begegnet, auf die Maskenpflicht hinzuweisen. Obwohl ich jedes Mal dasselbe Argument höre, warum er keine Maske trägt. „Das sei alles gar nicht so schlimm“, sagt er bestimmend. „Die da oben spielen nur mit unserer Angst. Durch die Grippe sterben viel mehr Menschen“. Ich schweige dazu. Höre zu, werte oder richte nicht. Aber ich sage, bevor ich aussteige: „Na, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie gesund und behütet bleiben.“

Gott handelt auf Erden durch unsere Worte und Taten. Es gäbe noch viel mehr zu berichten, wie Menschen in dieser Zeit anderen helfend oder auch einmal zurechtweisend, zur Seite stehen, ihren Glauben in Wort und Tat, mit Händen, Mund und Herzen, leben.
Das, liebe Gemeinde, ist der Zuspruch des Apostel Paulus, in den ersten Versen des sperrigen Predigttextes für Sonntag. Und ich bin ganz gewiss, dass seine Worte nachgewirkt haben und bis in unsere Zeit nachwirken.

Vielleicht lesen Sie unseren Text einmal ganz. Er steht im Neuen Testament, im Römerbrief, Kapitel 12, 1-8. Und vielleicht fällt Ihnen beim Lesen und Nachdenken noch viel mehr ein, wie Sie Ihren Glauben in dieser herausfordernden Zeit mitten im Alltag leben und bezeugen können.

Es grüßt Sie herzlich,
Ihre Sigrid Fillies-Reuter

Sie können sich hier den Andachtstext anhören, gesprochen von Pfr.in Fillies-Reuter

Die Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14